Johanna Kandl
I trust in painting 2008 Johanna Kandl (* 1954 Wien) OM Contemporary Leni Deinhardstein, Lisa Rastl, Dom Museum Wien
Johanna Kandl (* 1954 Wien)
2008
Material
Tempera auf Holz
Sammlungen
Dom Museum Wien
Inv.Nr.
OMA/6
Tempera
Gemälde
Moderne und Gegenwartskunst
Derzeit ausgestellt
Foto
Leni Deinhardstein, Lisa Rastl, Dom Museum Wien
Der Bedeutung von Bildern auf der Spur
Johanna Kandl wirft anhand einer Straßenszene im Wallfahrtsort Loreto Fragen nach Glauben, Vertrauen und der Wirksamkeit von Bildern auf.
Pfingstsonntag in Loreto: Johanna Kandl dokumentiert das Treiben auf der Piazza des italienischen Wallfahrtsortes. Fotografische Schnappschüsse dienten als Vorlage für das monumentale Tafelbild, die Pflastermalereien eines Straßenkünstlers, Fiat-Oldtimer von der Autosegnung und eine von vielen uniformierten Ordensschwestern, die bei der Krankensegnung im Freien assistieren. Der Farbdreiklang aus Blau-, Rot- und Weißtönen bindet Figuren und Szenerie harmonisch zusammen.
Die Bildbühne ist zum Betrachter gekippt. Von einem erhöhten Standpunkt aus gleitet der Blick über die in Kreide gemalten Andachtsbilder, die Fiat-Autostaffel entlang bis zu den Souvenirbuden am oberen Bildrand. Nicht zufällig hat der Straßenmaler, der "madonnaro", eine berühmte Verkündigungsszene (ein Gemälde Orazio Gentileschis in Turin) kopiert. Denn der Legende nach befindet sich das Haus, in dem der Verkündigungsengel der Jungfrau Maria erschien, in Loreto. Als das Heilige Land unter muslimische Herrschaft kam, hätten es Engel zunächst nach Kroatien und schließlich übers Meer bis nach Italien getragen. Der Schriftsteller Gabriele d'Annunzio setzte sich dafür ein, die Madonna von Loreto zur Schutzpatronin der Flieger und Raumfahrer zu erklären.
Kurze Statements in Schreibschrift, welche die englischen Verben "to trust" und "to believe in" deklinieren, sind über die Bildfläche verstreut. Welche Glaubensinhalte führen die einzelnen Bildprotagonisten nach Loreto? Im Bildzentrum findet sich der Schriftzug "I trust in painting". Spielt die Künstlerin hier auf ihre persönliche Überzeugung von der gesellschaftlichen Wirkkraft ihrer Malerei an?
Wie Feldforscher suchen Johanna Kandl und ihr Mann Helmut Kandl immer wieder Wallfahrtsorte in ganz Europa auf. Hier begegnen einander unterschiedliche Menschen mit den verschiedensten Erwartungen an die Kraft von Orten und Bildern. Für die Gläubigen haftet die kultische Wirkkraft dieser Andachtsobjekte auch an jeder Form von Souvenirnachbildung.