Geschichte des Dom Museum Wien
Der Ausstellungsbereich in den Räumlichkeiten im Zwettlerhof ab 1973. Foto: Johann Gürer
Der Ausstellungsbereich in den Räumlichkeiten im Zwettlerhof ab 1973. Foto: Johann Gürer
Gründung 1933

Der Anstoß zur Gründung eines Dom- und Diözesanmuseums in Wien erfolgte bereits im 19. Jahrhundert, wurde aber erst unter Kardinal Theodor Innitzer ab seiner Ernennung zum Fürsterzbischof 1933 aktiv vorangetrieben. Inspiration boten möglicherweise auch die bereits etablierten Museen in Brixen, Graz, Klagenfurt, Linz und St. Pölten. Als Zeitpunkt für die Eröffnung des neuen Museums wurde 1933 gewählt, das Jahr, in dem der Allgemeine Deutsche Katholikentag wieder in Wien abgehalten und das 500-Jahr-Jubiläum der Erbauung des Südturms von St. Stephan gefeiert wurde. 

 

Unter den dunklen Vorzeichen des Austrofaschismus öffnete das neue Museum am 3. Juni 1933 seine Pforten in den barocken Prunkräumen des Erzbischöflichen Palais in der Rotenturmstraße. Ziel war es, die Schätze des Doms und der Diözese ausstellen, um für den „kirchenkunstgeschichtlichen Unterricht wertvolles Anschauungsmaterial aus der Vergangenheit und Gegenwart“ bereit zu stellen, wie Kardinal Innitzer im ersten Katalog schrieb. In dieser nach Epochen gegliederten Aufstellung verband sich der Wunsch nach Repräsentation mit der Bereitstellung von Lernmaterial, wobei das neuentdeckte Grabtuch Rudolfs IV. und das Portrait des Stifters im Mittelpunkt standen. Das Programm richtete sich neben dem Klerus auch an ein breiteres Publikum, wofür ein Kunstvermittlungsprogramm erstellt wurde. Der Wunsch, das ursprüngliche Konzept kunst- und kulturhistorisch zu erweitern, wurde jedoch durch den Ausbruch des 2. Weltkriegs vorerst zunichte gemacht.

Umzug 1973 
Ausstellungsräumen im Erzbischöflichen Palais vor 1973. Foto: Johann Gürer
Ausstellungsräumen im Erzbischöflichen Palais vor 1973. Foto: Johann Gürer

Der Umzug des Dom- und Diözesanmuseums 1973 folgte dem Wunsch einer stärkeren Anbindung des Museums an Dom und Öffentlichkeit. Die barocken Prunkräume im Erzbischöflichen Palais in der Rotenturmstraße boten nicht genug Platz und führten außerdem zu einer relativen Isolation des Museums innerhalb des Gebäudekomplexes. Nachdem Kardinal König 1971 eine Neuordnung der Sammlung angeregt hatte, wurde dem Museum die ehemalige Wohnung des Dompropstes im Zwettlerhof am Stephansplatz als Erweiterungsmöglichkeit angeboten. Nun lag es direkt am Stephansplatz, gegenüber des Doms, mit dem sich auch eine enge optische Verbindung ergab. 

Eine wissenschaftliche Bearbeitung aller Werke wurde angeordnet, so wie eine inhaltliche Neuaufstellung, die nun nicht mehr primär einer zeitlichen Einordnung folgte. Es wurden vielmehr thematische Bezüge und Vergleiche innerhalb bestimmter Werkgruppen hergestellt, indem Objekte nach dem Medium geordnet räumlich in Bezug gesetzt wurden: So wurden etwa gotische Tafelbilder, mittelalterlichen Skulpturen, barocke Skizzen und Maler der religiösen Romantik voneinander getrennt präsentiert. Die wertvollsten liturgischen Geräte wurden mit Objekten in Verbindung mit Rudolf dem Stifter zusammen in einer Schatzkammer ausgestellt. Zudem gab es nun die Möglichkeit, Sonderausstellungen auszurichten, die zweimal im Jahr zusätzlich zur breiter gehaltenen Dauerausstellung in einem eigens dafür gedachten Raum genauere Themenschwerpunkte setzen konnten.

Der Ausstellungsbereich in den Räumlichkeiten im Zwettlerhof ab 1973. Foto: Johann Gürer
Der Ausstellungsbereich in den Räumlichkeiten im Zwettlerhof ab 1973. Foto: Johann Gürer
Umbau 2013-2016

„Wenn die Kirche sich wieder mit der zeitgenössischen Kunst einläßt, kommt die Charismatik in der Kirche hoch“, so sprach der eloquente Domprediger Monsignore Otto Mauer 1972 anlässlich einer seiner vielbeachteten „Internationalen Kunstgespräche“. Vierzig Jahre später, im Jahr 2012, kam die Erzdiözese Wien der Forderung des Sammlers und Kunstförderers auf institutioneller Ebene nach: Das Dom- und Diözesanmuseum wurde geschlossen und eine konzeptionelle Neuausrichtung sowie ein umfassender Umbau beschlossen. Dabei sollte nun die Sammlung Otto Mauer, die mehr als 3.000 Schlüsselwerke der Wiener Avantgarde sowie Werke des Expressionismus und des Secessionismus enthält, erstmals weiter in den Vordergrund rücken. 

 

Mit der architektonischen und inhaltlichen Neukonzeptionierung erfolgt eine bewusste Hinwendung zum Spannungsfeld Kunst, Kirche und Gesellschaft: Das Dom Museum Wien bietet eine Plattform für den Dialog zwischen historischer und zeitgenössischer Kunst im Rahmen einer interkulturellen und interreligiösen Herangehensweise. 

 

In den erweiterten, sich auf den Stephansplatz öffnenden Räumlichkeiten entsteht dabei ein Ort kostbarer Gegenstände, Objekte der Neugierde und des Staunens, deren zeitgemäßes Erarbeiten, Diskutieren und Erleben auch im Rahmen qualitätvoller Kunstvermittlung ermöglicht wird. Der fixen Schausammlung mit den wertvollsten Exponaten des historischen Domschatzes steht dabei ein wechselndes Ausstellungsprogramm gegenüber, in dem kunsthistorische und soziokulturelle Fragestellungen thematisiert werden. 

Damit setzt das Museum in Dauerpräsentationen, Sonderausstellungen und diskursiven Veranstaltungen die Tradition Monsignore Otto Mauers fort, indem es einen gegenwärtigen Blick auf die traditionsreiche Geschichte sakraler Kunst wirft, genauso aber als Förderer avancierter zeitgenössischer Kunst auftritt. Das Dom Museum Wien bietet damit einen inspirierenden Einblick in 1000 Jahre Kunst- und Kirchengeschichte.

Monsignore Otto Mauer eröffnet eine Ausstellung von Jim Dine in der Galerie nächst St. Stephan, 1972. Foto: Johann Gürer
Monsignore Otto Mauer eröffnet eine Ausstellung von Jim Dine in der Galerie nächst St. Stephan, 1972. Foto: Johann Gürer
Zur Person Otto Mauer

Monsignore Otto Mauer (1907–1973) war eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Österreichischen Nachkriegskunst. Selbst begeisterter Sammler, war ihm daran gelegen, die österreichische Kunstszene nach dem zweiten Weltkrieg wieder an das internationale Geschehen heranzuführen – Österreich auf diese Weise in der Welt wieder zu verankern. Sein Augenmerk lag hierbei stets auch auf dem Dialog zwischen Kunst und Kirche. 

 

1954 gründete er in der Grünangergasse 1 die Galerie St. Stephan. Hier konnte er sein Ziel, avancierte, zeitgenössische Kunst zu fördern, noch stärker vorantreiben. Anfangs galt sein Interesse vor allem der Informellen Malerei und damit besonders den vier jungen Malern Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf Rainer, die sich 1956 zur Malergruppe St. Stephan zusammenschlossen. Die Galerie, die er aufgrund innerkirchlicher Kritik 1963 in Galerie nächst St. Stephan umbenennen musste, war nicht nur ein Ort für Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, sondern auch offen für Lyriklesungen, Musik und Diskussionen - allen voran die berühmten „Internationalen Kunstgespräche“. 

Otto Mauer war ein begnadeter Theologe und Redner, der seine Gabe, die Menschen zu begeistern, auch in Zeiten des Nationalsozialismus in regimekritischen Predigten und Veranstaltungen einsetzte, weswegen er öfters des Schutzes Kardinal Innitzers bedurfte. 

Seine eigene, ca. 3000 Werke der klassischen Moderne und der österreichischen und internationalen Nachkriegsavantgarde umfassende Sammlung, ist seit 1980 dem Dom Museum Wien eingegliedert und erfährt mit der Neukonzeption des Hauses 2013-16 endlich eine angemessene Präsentation.