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Eröffnung: Fr, 27.05.2022 | 19 Uhr
Großer Saal
28.05.2022 - 17.07.2022

Relocation, Among Other Things

Khalil Rabah

Khalil Rabah präsentiert im Großen Saal eine neue große Installation und im Kabinett das Video „ Body and Sole“. Der Künstler setzt vielfältige Formen performativer Aktionen ein, um die Geschichte von Auslöschung, Vertreibung und Marginalisierung zu hinterfragen. Eine Version seines sich verändernden Projekts The Palestinian Museum of Natural History and Humankind wird im Großen Saal präsentiert. Dieses bahnbrechende Projekt fördert das Staunen, das Wissen und letztlich ein Gefühl der Wiederherstellung für und von Palästina. Rabahs Praxis zielt darauf ab, die vorherrschenden Narrative unserer Zeit in Frage zu stellen, insbesondere westliche Konzepte der Museologie und Ethnografie, und die unterschiedliche Poetik menschlicher Beziehungen innerhalb dieser Sphären zu erforschen.

Khalil Rabah, der hier gleichzeitig in der Rolle des Künstlers, Kurators und Regisseurs dieses nomadischen und sich entwickelnden Projekts agiert, spricht mit seiner Arbeit vermutlich vor allem diejenigen an, deren Leben in Bewegung und zwischen verschiedenen Ländern und Heimatländern verlaufen ist. Das Werk verweist aber nicht nur auf Exil und Flucht, sondern stellt auch die Idee und die Funktionen eines Museums in Frage und ist somit eine Art museologische Untersuchung durch die Brille der Diaspora. Der Autor und Kurator Dr. Omar Kholeif geht in seinem Ausstellungstext auf diese Begrifflichkeiten sehr ausführlich ein. Hier Auszüge aus dem Text:

Rabahs fortlaufende Arbeit, The Palestinian Museum of Natural History and Humankind (2003-fortlaufend), ist für den Künstler das Projekt, das einem Gesamtkunstwerk am nächsten kommt. Aus verlassenen Geschäften, Häusern und Industrieräumen zusammengetragen, finden sich die verschiedenen gesammelten Objekte in einer sich ständig verändernden Choreographie wieder, wenn sie ausgestellt werden. Die Besucher_innen haben die Möglichkeit, sich mit dem, was sie sehen, eng zu verflechten, wobei jedes Objekt in einer anderen Sprache spricht. Museologische Ausstellungsstrategien, wie Vitrinen und Hängesysteme, werden wie die Seiten eines Malbuchs ausgefüllt, mit neuen Erkenntnissen an jedem Punkt von Rabahs Reise.

 

Die inhärent unvernünftige Aufgabe enzyklopädischer Museen, den Anspruch zu erheben, über Geschichte universell sprechen zu wollen, das Scheitern eines solches Aktes ist eine der durchlässigen Offenbarungen der Ausstellung. Dahinter verbirgt sich die unvermeidliche und ergreifende Unmöglichkeit, ein Volk, einen Ort, einen Staat zu archivieren, der weiterhin besetzt ist. Rabahs Museum ist ein Museum der Restitution in Fragmenten, die stückweise durch institutionelle und finanzielle Rahmenbedingungen erteilt wird. Rabahs Projekt schafft Bühnen und Szenarien, in denen man Zeuge der Auslöschung von Geschichte werden kann.

 

Was Khalil Rabahs Ansatz kennzeichnet, ist seine spezifische ontologische Perspektive, die er durch ein biografisches Leben des ständigen Ein- und Auspackens gewonnen hat. Da er sich mit mehreren Identitäten auseinandersetzt, könnte man seinen Blick in zahlreichen Gestalten verorten: Palästinenser und/oder Araber? Queer und/oder Christ? Ein Bürger der USA und/oder eines Nicht-Ortes? Oder vielleicht die am häufigsten missverstandene Binärform von Künstler, Architekt oder Organisator? Khalil Rabahs Arbeit bezieht sich auch auf mehrere theoretische Positionen und Perspektiven und geht von diesen aus. Eine davon ist die Metamoderne, auch Post-Postmoderne genannt, eine Situation zwischen Moderne und Postmoderne, die das gescheiterte Projekt der „universellen“ Moderne

anerkennt und gleichzeitig ihre Selbstreflexivität aufrechterhält. Das Projekt ist eine Struktur des Gefühls, der verstreuten Geschichte, und eine Einladung, ständig hin- und herzupendeln – zwischen dem Hier und Jetzt und der Ewigkeit.

Der vollständige Text kann hier gelesen werden: https://www.salzburger-kunstverein.at/digitorial2

Khalil Rabah wurde 1961 in Jerusalem geboren und lebt heute in Ramallah. Er studierte Architektur und Bildende Kunst an der University of Texas, USA. Mit zahlreichen Einzelausstellungen und Biennal-Teilnahmen hat der in Ramallah lebende Künstler bereits weltweit ausgestellt. In Europa gab es hingegen noch nicht viele Gelegenheiten seine Arbeit kennenzulernen.